Rettet die Hilfsbereiten- Meine Gedanken zu Coronakrise und Gesundheitssystem

Was hast du eigentlich studiert ? Ich bin B.A. Sozialwirtschaft. Und dann gucken die Leute komisch, Oftmals erkläre ich mein Studium damit, dass ich an der Schnittstelle der Pädagogik arbeite und versuche zu vermitteln zwischen betriebswirtschaftlichen und pädagogischen Ansichten, die sich in den meisten Fällen nicht gleichen. Nun stellt sich aber die Frage, benötigen sich helfende Berufe und Betriebswirtschaft gegenseitig überhaupt. Ja, das tun sie, warum wieso weshalb und was die Corona Krise damit zu tun hat versuche ich euch nun zu erläutern.

Hierzu schauen wir zu allererst auf die Entwicklung die der Bereich Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in den letzten Jahre genommen hat. Krankenhäuser befinden sich stets in verschiedenen Trägerschaften, während die meisten Häuser in den vergangenen 20 Jahren noch Gesellschaften der Landkreise waren, Häuser zu reduzieren und zu verkaufen. Das ganze muss man sich so vorstellen: Ein Land- oder Stadtkreis hat pro Jahr eine gewisse Summe an Mitteln zur Verfügung, die auf verschiedene Bereiche aufgeteilt werden. Diese Mittel stammen aus verschiedensten Töpfen zu einem großen Teil ist das bei Landkreisen die Kreisumlage, welche die  Städte und Gemeinde bezahlen, zu einem weiteren Teil sind es Fördermittel des Landes sowie eigenwirtschaftlich erbrachte Erträge aus der Erhebung von Gebühren, Steuern und Beiträgen. Die Verteilung der Mittel entscheiden in einem Landkreis die verschiedenen Amtsleiter in Zusammenarbeit mit dem Landrat, endgültig entscheiden darüber jedoch die politisch gewählten Vertreter in den Gremien. Das Wort Haushaltsplanung wird sicher dem einen oder anderem bekannt sein. Kurzum ist es das, der Kampf um Mittel für verschiedene Projekte. In den meisten Kommunen fließt ein Großteil der Mittel in den sozialen Bereich, worunter beispielsweise die Krankenhäuser sowie die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen, Möglichkeiten der Jugendhilfe, der Altenhilfe etc. fallen. Nun stellen wir uns vor ein Landkreis hat so ein Krankenhaus, dass jährlich  rote Zahlen schreibt, dieser Betrag muss jährlich ausgeglichen werden, mit Mitteln die so oder so schon recht knapp sind. Man steht nun als Kommune im Zwiespalt: Natürlich möchte und muss ich die medizinische Versorgung meiner Bürger gewährleisten, andererseits wäre ich auch froh, könnte ich dieses Krankenhaus gegebenenfalls abstoßen. Viele Kommunen gehen daher mit freien Träger ins Gespräch und versuchen ihre Krankenhäuser "loszuwerden" unter den bestmöglichen Bedingungen für das Krankenhauspersonal und für die Versorgung der Bürger. Nun gibt es zahlreiche gGmbHs sogenannten gemeinnützige Gesellschaften, die in diese Häuser investieren. Nun ist das Wort gemeinnützige Gesellschaft für mich ein Widerspruch in sich. Entweder man ist eine Gesellschaft und an Gewinn interessiert, oder man ist gemeinnützig und dann sollte Gewinnorientierung nicht an erster Stelle stehen. Warum kaufe ich mir als Krankenhäuser ? Um möglichst Gewinn damit zu erzielen. Ganz einfach. Nochmal zurück zu den knappen Mitteln der Kommunen. Der Bund könnte oder hätte auch einfach schon lange die Entscheidung treffen können, diese negativen Zahlungen auszugleichen, dann kämen Kommunen überhaupt nicht in diese Bredouille, aber es ist ja nur das Gesundheitswesen. 

Und damit kommen wir zum zweiten Punkt und zu meiner Ausgangsfrage zurück, braucht das Gesundheitswesen Betriebswirtschaft. Wer arbeitet den im Gesundheitswesen, welche Eigenschaften bringen Menschen in helfenden Berufen mit? Viele Menschen in helfenden Berufen, ergreifen ihren Job nicht, weil sie sehr viel Geld damit verbinden wollen. Sie beginnen aufgrund einer intrinsischen Motivation heraus. Aus der Motivation der Hilfsbereitschaft. Und diese Hilfsbereitschaft nutzt unser System ebenso gnadenlos aus, wie das System die Hilfsbereiten ausnutzt. Die Menschen in helfenden Berufen verfügen über keine Lobby, über keine Gewerkschaften und über keine Möglichkeit mit Streiks ihre Forderungen durchzusetzen. Warum? Weil sie viel zu sehr damit beschäftigt sind zu helfen. Sie arbeiten sich kaputt, aus dem einfachen Motiv des barmherzigen Samariters, für andere Menschen etwas Gutes zu tun. Im pädagogischen Bereich, führt das teilweise soweit, dass Professionalität verloren geht. Oftmals steckt man in Klienten mehr Hilfeleistungen weil man denkt man kann doch noch helfen, aber der Klient die Hilfe nicht braucht oder nicht möchte. Im medizinischen Bereich ist es das nicht nein sagen können, nicht sagen zu können ich kann nicht einspringen, ich habe wirklich frei, weil man weiß dass vielleicht Menschenleben davon abhängen. Und daher braucht es den Blick für die Wirtschaftlichkeit. Daher muss die Betriebswirtschaft im Krankenhaus sensibel sein, sie muss weniger dafür sorgen, dass die Gewinne maximiert werden, als mehr dafür, dass die Menschen die die eigentlich Arbeit leisten, optimale Arbeitsbedingungen vorfinden und vor allem dass die Gesetzgebung sie erhört. Der medizinische Bereich benötigt eine Lobby abseits von Pharmaindustrien und Krankenhäusern.

Nun zurück zur Coronakrise. Diese zeigt uns plötzlich was wir in unserem Gesundheitssystem in den letzen Jahre falsch gemacht haben, was aber auch positiv läuft. Auf der einen Seite stehen doch noch gut ausgestattete Kliniken, die im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern wie Italien (noch) nicht kaputt gespart sind, auf der anderen Stelle steht Personal das Angst hat. Angst davor entscheiden zu müssen, wer einen Beatmungsplatz bekommt, Angst davor sich selbst anzustecken weil die Schutzausrüstung nicht ausreicht, da die Produktion dieser längst ins Ausland verlagert wird. Die Personalschlüssel die in den Krankenhäusern vorgegeben sind, sind außerdem schon knapp bemessen, können vielerorts nur mit Überstunden und hohem persönlichen Ehrgeiz eingehalten werden. Erkranken nun noch Kollegen an Corona- man weiß nicht wie man es noch schaffen soll. Warum Pflege keiner machen will? Warum so viele Pflegekräft einbrechen? Die Gehälter sind das eine, das andere sind die Arbeitsbedingungen. Besonders Menschen die ihren Job aus intrinsischer Motivation ausüben, sehen über vieles hin weg. Allerdings nicht über die Tatsache nicht mehr richtig helfen zu können, obwohl man es gern wöllte, sei es wegen extremer Bürokratisierung ( Datenschutz, Pflegedokumentation) oder wegen inakzeptabler Personalschlüssel. Corona ändert nichts, es hilft, oder muss viel mehr dabei helfen eine Lobby für Pflegeberufe zu schaffen. In Spanien sind Gedanken laut geworden die Krankenhäuser wieder zu verstaatlichen, in Deutschland sind erste Gedanken zu allgemeingültigen Tarifverträgen, auch für private Träger da. Im Endeffekt braucht das Gesundheitssystem Lösungen. Corona ist hierbei nur ein Röntgengerät, dass die Knochenbrüche an denen das System leidet aufzeigt. Zu hoffen bleibt dass die Pflege auch nach Corona aufsteht, laut wird und hierfür hat gute Betriebswirtschaft in den Kliniken mehr Sorge zu tragen, anstatt an Gewinnmaximierung. Faire Löhne, ordentliche Arbeitsbedingungen und Wertschätzung, dafür hat die Politik Sorge zu tragen und sei es zuletzt da durch die Kliniken weiterhin dabei zu entlasten ihren eigentlichen Auftrag zu erfüllen. Menschen dabei helfen gesund zu werden. 

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